Die Sardinen Bar

Als ich die Schrift über dem neuen Lokal an der Grunewaldstraße in Schöneberg das erste Mal lese, stellt mein Gehirn automatisch einen Bezug zur italienischen Insel Sardinien her. Erst bei genauem Hinschauen, erkenne ich den richtigen Namen: Sardinen Bar. Und tatsächlich - gemeint sind die Sardinen aus der Dose, die in Öl eingelegten kleinen Fische, die manchmal als Not-Essen einspringen müssen. Damit haben die Sardinen, die hier angeboten werden, allerdings wenig zu tun. 

Die Karte unterteilt sich in der Sardinen Bar nicht in Vor-, Haupt- und Nachspeisen, sondern in Dosen-Sardinen, -Makrelen, -Thunfisch, -Baccalà und -Meeresfrüchte. Außerdem gibt es noch Käse und Wurst aus Frankreich, die entweder auf einer kleinen oder einer großen Platte serviert werden. Passend dazu gibt es eine ebenso große Getränkeauswahl, von Weißweinen zu stärkeren Drinks, die wunderbar mit den hochwertigen Fischdosen harmonieren.

 

Bevor ich die Sardinen Bar besuchte, war mir nicht bewusst, wie viele verschiedene Fischdosen existieren. Allein hier in dieser langen, vielfältigen Karte, stehen nur Dosen aus Frankreich, Portugal und Spanien. Die Sardinen-Rubrik ist die längste, doch da meine Begleitung Makrele am liebsten hat und ich mich immer freue, wenn es irgendwo nachhaltig gefischten Thunfisch gibt, bestellen wir nach langem Analysieren der Karte Makrele in einer Currysoße mit Mandeln und Thunfischfilets in einer beliebten mediterranen Soße aus Weißwein und Olivenöl.

 

Es wird Wasser gebracht, eine großzügige 1 Liter-Flasche, die nicht extra berechnet wird. Sogar Sprudelwasser bietet der freundliche Inhaber Thomas Vetter uns an - sowas finde ich sehr sympathisch. 

Wir fühlen uns wohl, finden den Laden sehr geschmackvoll eingerichtet. Thomas Vetter hat ein richtiges Selfmade-Projekt auf die Beine gestellt. Den unter der abgehangenen Decke verborgenen Stuck hat er eigenhändig freigekratzt und dadurch eine wunderschöne und dekorative Decke geschaffen. Eine Wand hat er mit leeren, bunten Fischdosen geschmückt und auch als Teelichthalter auf den schlichten Holztischen eignen sich die Dosen wunderbar. 

Unser Tisch wird gedeckt. Schöne, altmodische Teller mit verspieltem Goldrand und Servietten in Anthrazit und ein langes Brett aus dunklem Holz auf dem die Dosen, ein grüner Salat und etwas Weißbrot symmetrisch angeordnet sind, werden gebracht. Wie hübsch selbst eine Fischdose aussehen kann! Liebe zum Detail beweist Vetter auch hier: in das Brett sind Vertiefungen eingearbeitet, die einen magnetischen Boden haben. So können die mit öligen Zutaten gefüllten Dosen nicht vom Brett rutschen. 

Meine Begleitung ist sehr angetan von ihren leicht süßen, indisch angehauchten Makrelen. Ich bin sehr glücklich mit meiner dezenten, nach Urlaub schmeckenden Weißwein-Soße, die den Thunfisch nicht überdeckt, sondern ihm seinen köstlichen Eigengeschmack überlässt. An den Dosenthunfisch erinnert es nicht, die Konsistenz ist viel fleischiger und der Geruch weniger fischig.

Keine der Dosen, die es in der Sardinen Bar gibt, kann man in einem herkömmlichen Supermarkt kaufen. Sie alle stammen von kleinen Produzenten, die großen Wert auf Qualität und die Nachhaltigkeit der Produkte legen. Das erklärt auch die Preise. Es ist nicht ganz günstig, die meisten Dosen liegen bei um die 10 Euro. Dazu kommen zwar noch ein leckerer kleiner Salat und Weißbrot, das ganz in Ordnung ist, doch zum satt werden reicht eine Dose wohl nicht jedem.

 

Genau darum geht es auch nicht, sagt Vetter. Er möchte kein Lokal, in das man nur geht, um satt zu werden und anschließend gleich wieder aufspringt. Da passt der Name 'Bar' sehr gut. Die Leute sollen kommen, sich eine leckere Fischdose bestellen, dazu eine gute Flasche Wein, vielleicht noch etwas Käse oder Oliven. Sie sollen in Ruhe genießen, während sie gute Gespräche führen, den Abend ausklingen lassen und sich für den Appetit vielleicht noch eine zweite Dose zum Teilen bestellen. 

 

Thomas Vetter hat ein richtig gutes Konzept nach Berlin gebracht und so weiterentwickelt, dass es daran nichts zu verbessern gäbe. Sogar daran, den Gästen ihre leere Fischdose abzuwaschen und am Ende des Besuchs mitzugeben, damit sie beim nächsten Mal wissen, was sie schon hatten, hat er gedacht!

Wir sind am Nachmittag hier, das Mittagsgeschäft schon vorbei. Es herrscht eine andere Stimmung, als nach Feierabend bei Wein und Dunkelheit draußen. Doch auch zu dieser Zeit, lässt es sich hier sehr gut und lange verweilen. Wie von Vetter angedacht, sitzen wir lange am schönen Fensterplatz, reden und trinken zwar keinen Wein, doch noch einen Kaffee. Auch der ist gut und wer noch etwas Süßes möchte, kann sich dazu noch ein Macaron bestellen.

 

Die Sardinen Bar ist ein perfekter Ort für den kleinen Hunger und die große Lust auf einen geselligen Abend. An der langen Tafel, die der Esstisch einer Großfamilie sein könnte, entstehen vielleicht auch ein paar neue Bekanntschaften.

Sardinen Bar

Grunewaldstraße 79

10823 Berlin

Montags bis Samstags von 12 bis 22.30 Uhr geöffnet

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