Das Domberger Brot-Werk

Es gibt eine neue Bäckerei in Berlin Moabit - allerdings nicht irgendeine! Das Domberger Brot-Werk in der Essener Straße bietet Brot aus rein handwerklicher Herstellung, die man vor Ort durch die großen Glasscheiben sogar sehen kann. 

Ich war dort, habe zugesehen und natürlich auch probiert. Dies ebenfalls zu tun, kann ich jedem nur wärmstens empfehlen, denn hier schmeckt das Brot so gut wie nirgendwo anders.

Florian Domberger liebt Brot und er liebt Berlin. So kam es zum Domberger Brot-Werk.

 

Entdeckt habe ich die Bäckerei durch einen Freund. Ich bin gleich hingefahren und habe ein Brot für Zuhause gekauft. Kaum hatte ich ein Stück probiert, konnte ich nicht mehr aufhören und wollte unendlich viel davon essen. Noch leicht ofenwarm, innen feucht und fluffig, die Kruste so kross wie bei kaum einem Brot - ich wusste, diese Bäckerei wird eine Stammadresse.

 

 

Als ich mit Florian Domberger spreche, erfahre ich mehr über seine Bäckerei und über Brot. Über Sauerteig, um genau zu sein.

Wir sitzen an dem Biertisch aus hellem Holz direkt am großen Schaufenster, durch welches man auf eine Terrasse blickt, die schon auf den Sommer wartet.

 

Florian Domberger sagt, er möchte jede Frage beantworten, bis es keine mehr gibt. Auch bei den Kunden sei ihm das sehr wichtig. "Wie ist eigentlich so deren Resonanz?", frage ich. "Die erste Gruppe, das sind die allermeisten, sagt, es schmeckt wie früher", antwortet er. Mir fällt es schwer, dies zu beurteilen, denn allzu früher habe ich noch kein Brot gegessen, überlege ich. Florian sagt, er fühle sich plötzlich alt.

 

Er überlegt weiter: "Die zweite Gruppe sagt, das Brot schmeckt unglaublich gut. In dieser Gruppe sind viele Personen, die sehr gesundheitsbewusst sind und die Qualität unseres Brotes besonders schätzen." Gesund und lecker, das geht leider nicht immer zusammen. Er habe grauenvolles Brot in Berlin gegessen - doch dafür war's gesund. Ich weiß genau, was er meint. 

 

"Überrascht waren wir von unserer dritten Kundengruppe!" Einige fingen nach Entdeckung des Brots hier wieder an, Gluten zu essen, obwohl sie darauf jahrelang darauf verzichtet hatten. "Sie trauen sich, unser Brot zu essen. Das bedeutet uns viel." sagt Florian und sieht sehr zufrieden aus. 

Bei gutem Brot scheint das Gluten also besser verträglich zu sein?

Florian Domberger erklärt mir, was der Sauerteig bewirkt. Er selbst ist Quereinsteiger und hat eine Sach- und Fachkunde-Prüfung im Backen abgelegt, auch um sich dadurch eigene Rezepturen überlegen zu können, die seiner Vorstellung vom idealen Brot entsprechen.

 

Die Rezepturen setzt Ralf Tschentscher um, der professioneller Bäckermeister ist. Florian Domberger erklärt mir, welche wichtige Rolle der Bäcker im handwerklichen Backprozess einnimmt, ganz anders als im industriellen Prozess. Letztendlich hänge die Qualität jedes einzelnen Brots hauptsächlich vom Können des Bäckers ab. Jeder Teig erfordere Hingabe, Feingefühl und die erfahrene Sensorik des Bäckers. "Er kann den Teig sozusagen die ganze Zeit beeinflussen. In der Industrie hingegen soll der Bäcker so wenig wie möglich eingreifen und Maschinen sollen ein immer identisches Brot garantieren." erzählt er. "Hängt das mit der besseren Bekömmlichkeit eures Brotes zusammen?". "Das macht viel aus, ja. Aber da wären wir wieder beim Sauerteig." antwortet Florian Domberger. Dieser sei sehr komplex. Nur durch eine qualitativ hohe handwerkliche Verarbeitung könne mithilfe der spontanen Gärung ein perfekter Sauerteig entstehen. Sauerteig sorgt für die Teiglockerung, die Versäuerung -durch die das Brot länger vor Schimmel geschützt bleibt -, die Aromatisierung des Teiges und - ganz wichtig - den Abbau von Toxinen, also Giftstoffen. Sind alle Toxine des Weizens abgebaut, so haben wir einen Sauerteig voller ernährungsphysiologisch wertvoller Bakterien. "Bei dieser Qualität braucht man sich keine Sorgen um das Gluten zu machen, außer man hat eine Glutenunverträglichkeit. Ich verstehe auch nicht, warum Gluten überhaupt so verteufelt wird." Ich bin froh, das zu hören: Weizen ist doch nicht böse.

Ich würde jedenfalls nicht gern darauf verzichten wollen. Erst recht nicht, nachdem ich das sogenannte Domberger Beutebrot probiert habe. Das finde ich am allerbesten.

 

Wer nicht warten möchte, bis er mit dem Brot zuhause angekommen ist, kann auch vor Ort eine Scheibe verzehren. Zur Auswahl stehen das Beutebrot aus 90% Weizen und 10% Dinkel oder das Roggenbrot mit 20% Dinkel. Das Roggenbrot gibt es auch mit leichter Koriandernote. Dann gibt es Brötchen: helle Semmeln, Schusterjungen oder Kümmelbrötchen. 

Ein bisschen Butter und guter Käse drauf und es ist perfekt. Auch den Zuckerkuchen kann ich sehr empfehlen. Er ist nicht zu süß, nicht zu fettig und trotzdem saftig.

Die Räumlichkeiten sind offen und hell. Durch das Glas kann man dem Backprozess zuschauen, von der Herstellung des Teiges bis hin zu dem Moment, wo das heiße Brot aus dem riesigen Ofen kommt.

 

Auch die Leute, die hier arbeiten, strahlen Freundlichkeit aus. Es herrscht eine familiäre, friedliche Atmosphäre und ich fühle mich wohl. Ich nehme gern noch einen zweiten Kaffee.

Florian Domberger erzählt, wie viel Kraft das Kneten des Teiges kostet. Denn nur der Roggenteig wird hier mit einer Maschine geknetet. Ich stelle mir vor, wie diese Kraft und Energie in den Teig eingeknetet wird und im Brot bleibt. "Wärme haben die Bakterien des Sauerteiges am liebsten", sagt Domberger. Kurz bevor der Teig in den Ofen kommt, darf er noch mal einige Minuten neben dem warmen Ofen stehen. Sozusagen im größten Wohlfühlmoment seines Lebens wird er dann gebacken. 

Ich finde, so schmeckt das Brot auch.

Domberger Brot-Werk

Essener Straße 11

10555 Berlin

Montag von 15 bis 18.30 Uhr, Dienstag bis Freitag von 7 bis 18 und Samstag bis 13 Uhr geöffnet

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Kommentare: 6
  • #1

    Carolin (Dienstag, 13 Juni 2017 19:40)

    Nach diesem wunderbar geschriebenen Artikel wünsche ich mir solch eine tolle Bäckerei in meine Nähe.
    Leider gibt es hier nur die Filialen mit den Fertigmischungen oder aber das, wie Du ja auch sagtest, wahnsinnig gesunde Brot, das aber spätestens am nächsten Tag nicht mehr schmeckt.

    Viele Grüße
    Carolin

  • #2

    Stefan (Dienstag, 27 Februar 2018 09:40)

    Dort gibt es wirklich großartiges Brot in traditioneller, handwerklicher Qualität.

  • #3

    Isa (Montag, 16 April 2018)

    Meine Familie und ich lieben das Beutebrot, die Croissants und die Seelen von Florian. Wir sind quasi Kunden der ersten Stunde und sehr glücklich über diese tolle Bäckerei in unserem Kiez. Andere Brote schmecken uns gar nicht mehr......

  • #4

    Rachel (Donnerstag, 07 Februar 2019 14:55)

    Tolles Post, ich arbeite eigentlich um die Ecke von dieser Bäckerei, ich muss es mal so bald wie möglich ausprobieren!

  • #5

    Simone (Samstag, 05 Oktober 2019 09:09)

    Ich esse schon lange nur in Ausnahmefällen Brot und Brötchen und habe angefangen selbst zu backen. Als ich von der Bäckerei gehört und die Internetseite gelesen habe, bin ich sofort dahin. Und was soll ich sagen.... einfach genial! Die Schusterjungen sind mein absoluter Favorit, aber auch alles andere richtig lecker. Der Geruch nach Backstube, den heute viele Menschen gar nicht mehr kennen, kommt einem schon auf der Strasse entgegen. Ein tolles, super freundliches Team. Ich kann das nur empfehlen und freue mich, dass es diese Bäckerei in meinem Kiez gibt �

  • #6

    Georg (Dienstag, 22 Dezember 2020 00:50)

    Tja, was soll ich sagen....
    ich bin einer der vielen Zugereisten und habe lange in dieser Stadt immer wieder nach einem Bäcker gesucht, wo ich Brot bekomme.
    .
    Als echtes Brot.
    .
    Brot, welches den Namen verdient und auch nach Brot schmeckt.
    Ja, da gab es Moabit manchmal versteckt den ein oder anderen kleinen 2-Personenbetrieb, aber die meisten haben in den letzten 30 Jahren dank der Kettenbäcker aufgeben müssen.
    Inzwischen war ich vom Brot ganz runter und hab mich "gesunder" ernährt.
    Und dann zog die Buchkantine um und der Laden stand eine Weile leer... bis dieser neue dahin kam.
    Und das roch schon auf der Strasse gut...
    Und dann konnte man mal probieren...
    Und damit war es wieder da, das Gefühl von früher, beim Urlaub in Süddeutschland, wo es richtig gutes Brot gab (wenn es nicht gerade mit Kümmel verschandelt war).
    Und am besten ist es frisch, pur... , eventuell mit einem Stich Butter.
    Aber der Knaller: es ist bei richtiger Lagerung sogar 1 Woche noch gut, um dann, verständlicherweise aufgetoastet, genau so lecker zu sein wie ein frisches Brot...
    Sündhaft teuer, aber jede Scheibe ist es wert.
    Und ein wenig Entzug macht es im Mittel bezahlbar und harte Reste müssen mangels Existenz nicht mehr weggeworfen werden...

    Danke Florian! Weitermachen...
    Beutebrot for President

    Und eine Bitte an alle aus Prenzlauerberg und Westend: parkt Eure SUVs nicht auf den 8 Fußgängerflächen der Kreuzung vor dem Bäcker, das nervt, ist gefährlich für Fußgänger und der Lack der stilfreien Büchsen soll dann gelegentlich auch länger halten. Dann könntet Ihr beim nächsten Leasingwechsel ein paar Euronen für das nächste Brot sparen oder noch besser stattdessen ein E-Bike kaufen. Thanx