So richtig traditionelle deutsche Küche gibt es viel zu selten in Berlin, findet Walid. Deswegen eröffnete er im November letzten Jahres seine Speisemeisterei in der Wichertstraße in Prenzlauer Berg. Dort serviert er die alten deutschen Klassiker in gehobenem, etwas raffinierterem Stil, wobei er den Geschmack trotzdem genau so trifft, wie er sein soll.
Ich bin beeindruckt, als ich das Lokal betrete. Es ist stilvoll und gleichzeitig sehr gemütlich hier. Fenster wie in einem Wohnzimmer erzeugen eine wohnliche Atmosphäre. Die Holzbalken im Eingangsbereich haben etwas Uriges, die Tische aus dunklem Holz mit schwarzen Metallbeinen sind elegant. Eine orange leuchtende Blume auf jedem Tisch setzt starke Farbakzente.
Die Speisekarte ist klein, genau wie die Mengen, die sie hier kochen, erzählt Walid. Von jedem der zwölf Gerichte sind nur etwa sieben bis zehn Portionen vorrätig, die jeden Tag frisch zubereitet werden. Wenn ein Gericht aus ist, ist es aus, sagt Walid. Ihm sei es sehr wichtig, so wenig Essen wie möglich wegwerfen zu müssen, und er freue sich, wenn Kunden sich ihre Reste einpacken ließen. Bald, wenn Gäste auch auf der Terrasse sitzen können, wird natürlich mehr von allem gekocht.
Walid bringt Bier, Brot und Butter an den Tisch. Das Brot ist aus dem Domberger Brot-Werk, einer der besten Bäckereien der Stadt.
Wir bestellen die Königsberger Klopse und den Berliner Salat, eine Eigenkreation von Walid.
Die Königsberger Klopse kommen in der Soße. Salzkartoffeln und einen Salat aus geraspelter frischer Roter Beete gibt es separat auf einem zweiten Teller dazu. Mit Petersilie und Butter verfeinert, in einer wunderschönen Miniatur-Pfanne aus Kupfer, hätte ich mir von den köstlichen Kartoffeln noch mehr gewünscht. Auch, um die gute Soße, die großzügig den tiefen Teller füllt, bis zum letzten Rest aufsaugen zu können. Kein Problem, wir bekommen noch etwas vom besten Brot.
Es schmeckt sehr gut, so als wäre es nur für uns gekocht worden. Die Rote Beete gibt Säure und Farbe, alles wurde zu Ende gedacht.
Im Salat ist viel Verschiedenes drin, das mag ich. Tomaten, Feldsalat, Croutons, Radicchio, Rotkohl roh und gekocht, oben drauf liegen eine Scheibe gebratener Bacon und ein halbes Ei. Dadurch ist der Berliner Salat schön herzhaft, wird aber nicht schwer. Besonders gelungen finde ich die Balance zwischen süß und bitter und den Garpunkt vom Ei.
Gutes Essen ist gut bekömmlich, deswegen haben wir noch Platz für ein Dessert. Wir probieren das Apfelkompott mit Vanillesoße und das Schwarzwälder Kirsch-Törtchen. Ich liebe Äpfel und bin begeistert von diesem Kompott. Es ist warm und leicht zimtig, die entstandene Soße cremig und weich. Die Vanillesoße ist mehr ein leichter Schaum, der perfekt zum starken Geschmack des Apfels passt. Das Törtchen ist durch den Mantel aus dunkler Schokolade nicht zu süß und auch der Alkohol kommt zur Geltung. Für Leute, die Schwarzwälder Kirsch mögen, ist es, glaube ich, ein Hochgenuss.
Für mich ist der Eierlikör, den Walid uns abschließend noch bringt, ein Hochgenuss. Sie machen auch diesen selbst und das schmeckt man. Er ist frisch und cremig und erinnert kaum an gekauften Eierlikör. Ich muss an Eis denken.
Walid legt Wert darauf, dass er nur deutsche Produkte anbietet, so auch in der Weinauswahl. Man merkt, dass er auch sonst einen roten Faden hat und auf Details achtet. Silberbesteck, Stoffservietten und kleine Handtücher für den einmaligen Gebrauch im Badezimmer sind Kleinigkeiten, doch große Details. Nichts ist Möchtegern, sondern edel und fein, ohne dabei zu vornehm zu wirken.
In Walids Speisemeisterei haben wir einen wunderbaren Abend verbracht und uns sehr wohl gefühlt bei all der Gastfreundschaft und Freundlichkeit - lieben Dank noch einmal.
Walid Speisemeisterei
Wichertstraße 55
10439 Berlin
Dienstag bis Samstag von 18 bis 24 Uhr, Sonntags von 12 bis 18 Uhr geöffnet
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