Das Großherz

Restaurants schließen, Restaurants eröffnen. Berlins Schnelllebigkeit der Gastronomie ist nahezu unüberschaubar geworden und auch, wenn man richtig sehr mittendrin steckt in der Materie, kommt man nicht mehr ganz mit.

 

Was für ein großartiger Zufall also, dass mir diese Neueröffnung in Prenzlauer Berg begegnet ist! Das Restaurant Großherz in der Metzer Straße hat eine durchdachte und anspruchsvollen Karte und wir haben unser Mittagessen sehr genossen.

Unentdeckt und unterschätzt ist das Ecklokal bisher, würde ich mal ganz stark behaupten. Wer allerdings Brot vom Domberger Brot-Werk aus Moabit zu seinen Speisen reicht, muss Ahnung von Geschmack und Qualität haben, dachte ich mir, und bin auf ein Mittagessen nach Prenzlauer Berg gefahren. 

 

Bouillabaisse ist eine Seltenheit in Berlin und ich freue mich, diese Fischsuppe auf der Mittagskarte im Großherz zu finden. Dazu gibt es Beutebrot vom Domberger Brot-Werk - nehmen wir selbstverständlich. Außerdem bin ich seit kurzem wieder auf den Geschmack von Blumenkohl gekommen und bestelle den halben Blumenkohl aus dem Ofen mit Tomatenragout, Erbsenhummus und frittierten Kapern. Der Wintersalat mit Rüben, Kernen und Senf wird die frische Beilage für meine Begleitung und mich. 

Die Bouillabaisse ist fein und frisch, riecht stärker als sie schmeckt. Leider sind keine Fischstücken in der Brühe, dafür ist sie mit köstlichen Miesmuscheln garniert und kommt mit geröstetem Beutebrot, einem Dip und Butter. Kein Gericht für den großen Hunger, muss meine Begleitung leider feststellen, dafür aber ein idealer Businesslunch für kühle Tage, finde ich.

 

Mein Blumenkohl sieht vielleicht nicht wunderschön aus, schmeckt aber wunderbar! Röstaromen, Buttrigkeit, Salzigkeit, Frische und etwas Süße - ein Gericht, wie es im Buche steht. Innen zart und außen würzig, ja, fast leicht rauchig, ist der Blumenkohl. Dazu eine Tomatensoße, wie ich sie noch nie außerhalb der Küche meines Vaters gegessen habe: intensiv, aber puristisch in der Würzung, stark reduziert, und gleichzeitig fruchtig. Zusammen mit dem Erbsenhummus, der eine orientalische Note hat und wirklich sehr, sehr gut schmeckt, und den sauren Kapern, ist dieser Teller ziemlich perfekt, finde ich. 

Wem die Bouillabaisse nicht reicht, kann ich den Wintersalat nur wärmstens empfehlen, denn dieser ist durchdacht, vollmundig und sättigend. Dreierlei von der Rübe bringt Abwechslung in die Texturen: als Püree ganz unten auf dem Teller, sauer gepickelt und roh. Ich liebe Dressings mit Senf, die eingelegten Zwiebeln sind köstlich und die großzügige Menge an gerösteten Kerne und Nüsse macht den Salat zu einem vollwertigen Gericht, das ohne wenn und aber für sich alleine stehen kann. Ich freue mich schon auf den Frühlingssalat!

Den Hefeteig-Baba müssen wir auch noch probieren, denn bisher habe ich noch nie einen Babà außerhalb von Neapel gesehen. Babà ist ein kleiner Napfkuchen aus Hefeteig, der in Rum getunkt wird bis er damit vollgesogen ist. Die Variante im Großherz ist mir aber lieber: Creme Fraîche mit Zitrussud passt viel besser zu dem Hefeküchlein, finde ich. Meiner Begleitung schmeckt es besonders gut, denn das Dessert ist wenig süß und die Creme Fraîche großzügig dosiert.

 

Ich würde es vielleicht eher zum Frühstück essen - oder doch lieber etwas anderes von der ansprechenden Frühstückskarte im Großherz? Hausgebeizten Lachs mit Beutebrot zum Beispiel, oder warmes Bananenbrot. Oder ich komme mal zum Abendessen, oder auch, um die anderen Mittagsgerichte zu kosten. Auf jeden Fall komme ich wieder, denn das Großherz ist eine Neueröffnung, die hoffentlich lange durchhält in Berlins Gastronomiewahnsinn!

Großherz

Metzer Straße 22

10405 Berlin

Montag und Dienstag von 7.30 bis 16 Uhr, Mittwoch bis Sonntag von 7.30 bis 23 Uhr geöffnet